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Rehabilitation bei Long und Post Covid: Was hilft?

22. März 2024

Zurück ins Leben, zurück in den Beruf: Das gehört zu den größten Herausforderungen für Menschen mit Long oder Post Covid. Damit ärztliches Handeln und Rehabilitation sie dabei auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft unterstützen können, hat die Deutsche Gesellschaft für Neurorehabilitation (DGNR) jetzt ihre AMWF-Leitlinie zur Rehabilitation von Gesundheitsproblemen nach Coviderkrankungen zum vierten Mal überarbeitet.

Unter Federführung der DGNR fassten insgesamt 18 deutsche, österreichische und schweizerische Fachgesellschaften und zwei Patientenorganisationen wissenschaftliche Erkenntnisse zusammen. Zum vierten Mal in vier Jahren: Ein beeindruckendes Tempo!!

Das Thema war vor allem in der Pandemie drängend, nun fokussierte man sich ausschließlich auf den Umgang mit Long Covid (über 4 Wochen fortbestehende alltagsrelevante Symptome) und Post Covid (mehr als 3 Monate nach COVID-19 bestehende alltagsrelevante Symptome). Erstmals wurde auch die sozialrechtliche Absicherung von Patientinnen und Patienten thematisiert.

Statt Standard individuelle Konzepte

Klar bleibt: Eine Standard-Reha, die allen Menschen mit Long oder Post Covid gleichermaßen hilft, ihrem Alltag und möglichst auch ihrem Beruf bald wieder nachgehen können, wird es auch in Zukunft nicht geben.

Prof. Thomas Platz, BDH-Forschungsdirektor und federführender Autor der Leitlinie erklärt weshalb: „Neue Meta-Analysen, also zusammenfassende Analysen über viele Studien hinweg, bestätigen, was wir schon früh in der klinischen Praxis gesehen haben. Bei Long oder Post Covid handelt es sich nicht um eine einzige Erkrankung. Vielmehr verbergen sich dahinter individuell unterschiedliche Erkrankungskonstellationen. Das macht es erforderlich, bei jedem einzelnen Betroffenen genau zu schauen, welche Organschädigungen und gesundheitliche Beschwerden den Alltag oder das Zurückkehren in den Beruf erschweren."

Im Vordergrund können unter anderem Probleme mit der Belastbarkeit, Atemprobleme, emotionale oder kognitive Störungen, mitunter Lähmungserscheinungen stehen. Dazu hat die Leitlinie in fachspezifischen Kapiteln differenzierte Aussagen für die gesundheitliche Versorgung getroffen.

Als wichtige zu beachtende Symptome von Long Covid oder Post Covid werden das Erschöpfungssyndrom (Fatigue), eine Belastungsintoleranz mit Symptomverschlechterung nach Belastungen und Anpassungsprobleme des Kreislaufs an eine aufrechte Position (Orthostase) benannt. Es wird empfohlen, solche Symptome vor Beginn einer Rehamaßnahme genau zu befunden, um die passenden Rehamaßnahmen einleiten zu können.

Als eine besondere Patientengruppe wurden Menschen erkannt, die unter einer Symptomverschlechterung nach Belastungen leiden (Post-Exertional Malaise - PEM). Sie kann nach geringfügiger körperlicher und/oder geistiger Anstrengung tage- und manchmal wochenlang auftreten und auch zur Verschlimmerung der Gesamtsymptomatik führen. Diese Untergruppe der Betroffenen benötigt ein spezifisches Management, weil für sie selbst eine Rehamaßnahme eine zu große zusätzliche Belastung darstellen kann. „Für diese Menschen brauchen wir individualisierte Behandlungskonzepte, möglichst auch mit aufsuchenden Angeboten“, sagt Prof. Thomas Platz.

Psychische Belastungen wie Depressivität, Ängste und posttraumatische Belastungsstörungen nach einer Covid-Erkrankung können auch die Kognition beeinträchtigen Eine spezifische Diagnostik ist laut Leitlinie erforderlich, um diese von organisch bedingten kognitiven Leistungsminderungen zu unterscheiden und damit die Behandlung zu optimieren.

Soziale Rechte bei Langzeitfolgen durch COVID

Der BDH Bundesverband Rehabilitation brachte sich in die aktuelle Leitlinie mit seiner sozialjuristischen Expertise ein. Die Greifswalder Sozialjuristin Ulrike Abel verfasste das Kapitel zu sozialrechtlichen Rahmenbedingungen für Menschen, die mit Langzeitfolgen einer Covid-Erkrankung leben müssen. Sie haben nach gesetzlichen Regelungen unter anderem Anspruch auf Krankengeld, Rehabilitation, Wiedereingliederungsleistungen, Nachteilsausgleiche bei Schwerbehinderung, Pflegebedürftigkeit, Haushaltshilfe oder auch Funktionstraining/Rehasport.

„Genauso wichtig wie eine geeignete frühzeitige Rehabilitation ist die soziale Absicherung von betroffenen Menschen. Oft hat sich ihre Lebenssituation nachhaltig verändert. In unserer Beratung erfahren wir immer wieder, wie viel Zukunftsangst sich damit verbindet. Lückenlosigkeit zu gestalten ist auch hier ganz wichtig“, erläutert Ulrike Abel.

Nicht unproblematisch: In den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen gibt es für Langzeitfolgen einer COVID-19-Erkrankung keinen Grad der Behinderung. Vielmehr werden die einzelnen gesundheitlichen Einschränkungen und deren Schwere individuell betrachtet. Die auf einzelne Symptome bezogenen Langzeitfolgen einer COVID-19 können dabei aber weniger schwerwiegend erscheinen als die funktionellen Beeinträchtigungen durch das Zusammenwirken verschiedener Symptome. Das ist bei der ärztlichen Einschätzung herauszuarbeiten.

Mit der Forschung nicht nachlassen

Bei allen Fortschritten im Umgang mit Long und Post Covid fällt die Einschätzung von Prof. Thomas Platz ernüchternd aus: „Bis heute verfügen wir über keine ursächliche Behandlung. Die Rehabilitation und Behandlung insgesamt zielen daher auf die Symptome als Krankheitsfolgen ab. Neben der Behandlung von Symptomen und individuell angepassten Trainingsmaßnahmen hat auch die Anleitung zu einem schonenden Umgang mit den eigenen Energiereserven, um Überlastung zu vermeiden (Pacing-Strategien) sowie eine gezielte Schulung im Umgang mit Symptomen einen hohen Stellenwert in der Rehabilitation. Dabei ist unser Wissen darüber, wie eine Rehabilitation am besten gestaltet wird, was wem wie viel nützt, noch begrenzt.

Besonders bei schweren langfristigen Post Covid-Verläufen haben wir derzeit noch zu wenige konkrete Ansatzmöglichkeiten. Leider lässt auch im Vergleich zur Zeit der Pandemie das Forschungsinteresse nach. Vermutlich wird gesamtgesellschaftlich die Dringlichkeit weniger wahrgenommen. Aber für die Menschen, die es betrifft, ist es höchst dringlich. Es bleibt, zu appellieren, nicht nachzulassen im Gewinnen neuer Erkenntnisse. Für Menschen, deren Leben sich teilweise grundlegend verändert hat, müssen wir sicherstellen, dass wir ihnen helfen können."